LLW - Landesgartenschau Lutherstadt Wittenberg
freiraumplanerischer Wettbewerb
Lutherstadt Wittenberg
2023
Teilnahme
mit Nolte Gehrke Landschaftsarchitekten & studiomauer
Neue Wege an die Elbe
stadtLAND, wasserLAND, zeitenLAND
Die Lutherstadt Wittenberg hat eine bewegte Historie, die sich auch durch ein besonderes Verhältnis zur Elbe begründet. Von der Stadtgründung an, über die Entwicklung zur Residenzstadt, bis hin zur florierenden Entwicklung in der Nachwendezeit zeigt sich ein wechselhaftes Bild von Nähe und Abstand zwischen der Flusslandschaft und der Stadtlandschaft. Das Leben von dem Fluss hat sich zu einem Leben mit und schlussendlich zu einem Leben bei dem Fluss entwickelt. Die klare und vermeintlich einfache Trennung von „drinnen“ und „draußen“, unterstrichen und manifestiert durch Stadtmauern, Bastionen, Infrastruktur und Verkehrstrassen führte über Jahrhunderte zu einer Distanziertheit die die Lutherstadt zur Stadt „bei“ und nicht „an“ der Elbe werden lies.
Die Elbwiesen werden durch minimalinvasive Eingriffe mit in die Parkgestaltung integriert und bieten Räume zur Landschaftserfahrung und Spaziergänge. Beständige Wege und robuste, hochwasserfeste Ausstattung erzeugen einen dauerhaften, zurückgezogenen Raum, der eine landschaftliche Verbindung vom Elbquartier bis zum Großen Anger aufbaut. Zwei Plattformen an den Buhnen ermöglichen den Zugang zur Elbe.

Konzept
Das Entwurfskonzept zur Landesgartenschau verfolgt das Ziel diese Grenze porös werden zu lassen, neue Wege an die Elbe zu schlagen und den städtischen Raum stärker mit den Landschaftsraum der Elbauen zu verbinden, ohne jedoch die Eigenheiten und Schutzwürdigkeit einzuschränken. Hierfür bedarf es eines Eintauchens des stadtLANDs in die Elbauen, wie auch eines Überschwappens des wasserLANDs über die Grenzen der Stadt. Die historisch und materielle Relevanz von Stadt & Landschaft wird durch punktuelle Interventionen gewürdigt, inszeniert und erlebbar gemacht - dem zeitenLAND. Durch Überschneidungen der drei etablierten Sphären entstehen spannende neue Freiraumtypologien mit ortsspezifischen, identitätsstiftenden und raumprägenden neuen Verbindungen, die das städtische Gewebe neu mit dem landschaftlichen Ursprung verbinden und die Historie Wittenbergs - insbesondere in Bezug auf die Elblandschaft - innovativ herausarbeiten. Im Rahmen der Landesgartenschau entstehen somit zwei neue, stadtweite Infrastrukturen, die einen nachhaltigen, dauerhaften Einfluss auf die Entwicklung der Gesamtstadt und des Landschaftsraums Elbe haben: Der LGS-Rundweg, der den Bahnhof, über die Speckebachpromenade das neue Stadtquartier, die Elbwiesen, Uferpark und die Wallanlagen mit dem Innenstadtbereich und seinen historisch relevanten Bauten und Gartenanlagen verbindet und die Elbachsen, die entlang der Stadttore neue Landschaftsverbindungen zum Elbhafen, dem großen Anger und dem Elbquartier schlagen und durch die LGS herausgearbeitet und gestärkt werden sollen.
Die Verbundenheit von Stadt, Wasser und Historie wird somit folgerichtig zur thematische Setzung der Landesgartenschau und spiegelt sich in räumlichen Bildern, erlebbaren Elementen und innovativen Vegetationskonzepten wieder. Während der Gartenschau ziehen sich „Elbkiesel“ in Form von ovalen Pflanzinseln, Platz- und Themenflächen, Zukunftsgärten und Ausstattungselementen wie Sitzkieseln durch den Wittenberger Stadtraum und lassen trotz eingeschränkter Sichtverbindung die Nachbarschaft zum Elbraum erfahrbar werden. Punktuelle und temporäre urbane Interventionen bespielen parallel behutsam den Landschaftsraum der Elbauen, präsentieren ehemalige Nutzungen und Bewirtschaftungsformen und machen die räumliche Weite der Landschaft über künstlerische Interventionen in Form einer Open-Air-Galerie und Bühnen für Performances erfahrbar. Die neuen Setzungen der Landesgartenschau begreifen sich dabei als Areale für Zukunftsthemen der Stadtentwicklung und lassen die Lutherstadt für das Jahr 2027 und darüber hinaus zum Experimentierraum werden.

Für die Daueranlagen setzt das Konzept auf bestehende Planungen, beispielsweise zu Pflanzungen, Erschließung von Sportflächen, dem Elbquartier und der HWS-Anlage und schließt lückenlos an diese an. Durch die Verwendung lokaler und am Ort vorhandener Materialien kann neben nachhaltigen Aspekte eine Kostensicherheit erreicht werden.
Zukunftsthemen
Die Landesgartenschau muss sich als Großveranstaltung den zukünftigen Themen der Stadt- und Landschaftsentwicklung stellen und innovative Lösungsvorschläge für andere, vielseitige Verbindungen zwischen Mensch, Natur und Konsum präsentieren und einer breiten Besuchendenschaft auf anschauliche und verständliche Weise vermitteln. Die Gartenschau setzt sich daher die folgenden vier Zukunftsthemen:
(1) Ökologie und Umwelt
Die Bauarbeiten der Landesgartenschau und dauerhaften Infrastrukturen bedingen Eingriffe in den Landschaftsraum der Elbauen und sensible Habitate. Anstelle von Ausgleichsmaßnahmen setzt das Konzept darauf frühzeitig die bestehenden Habitate zu sichten und zu sichern, Verknüpfungen herzustellen und Symbiosen menschlicher und nicht-menschlicher Lebensräume zu generieren. Daher wird bei der Entwicklung des neuen Uferparks sensibel auf die Dimensionierung geachtet und ein neuer, landschaftlicher Korridor zwischen Elbquartier und Elbwiesen erzeugt, sowie Info-Stationen und Beobachtungspunkte in der Hartungschanze, den Elbwiesen und dem großen Anger installiert.
(2) Partizipation und Beteiligung
Die Landesgartenschau soll auch eine Veranstaltung von und mit den WittenergerInnen werden. Private Initiativen, Vereine und Organisationen werden bei der Entwicklung und Präsentation eingebunden, generieren neue, durch lokales Wissen gestützte Ideen und erhalten die Möglichkeit im Rahmen der „Offenen Wittenberger Gartenpforte“ eigene, private Gartenräume zu präsentieren. Dabei werden auch neue Orte ausgehandelt und erschlossen, wie die Friedhöfe, der Kleingartenpark oder eine Förderkulisse für Stadtteilgärten.
(3) Blau-Grüne Infrastruktur und Stadtentwicklung
Die Auswirkungen unserer Lebensweise auf das Klima und unsere Umwelt sind allgegenwärtig und die Konsequenzen der Klimakrise werden in den kommenden Jahren auch weiter die Stadtbewohnenden einschränken. Um Städte zukunftsfähig als attraktive Lebensräume zu erhalten bedarf es einer Anpassung und Flexibilisierung des Umgangs mit Stadtgrün und Wassermanagement in der Stadtentwicklung und resultieren in der Integration der Gartenschau in ein stadtweites Konzept zur dauerhaften Entwicklung einer Blau-Grünen Infrastruktur und konkrete Maßnahmen für die Umgestaltung der neu zu planenden Stadtplätze, wie auch der Entwicklung des Elbquartiers.
(4) Material, Energie und Recycling
Maßgabe bei der Konstruktion der temporären Gärten, aber auch der dauerhaften Anlagen ist die Verwendung von Vorgefundenem und bereits verwendetem Material um den Fußabdruck der Interventionen zu minimieren. Exemplarisch dafür werden bei der Landesgartenschau Baumaterialien aus zweiter Nutzung verwendet und bei der Konstruktion auf Rezyklierbarkeit geachtet. Die Gartenschau wird zu einem temporärer-manifestierten Zustand des Materials, der sich anschließend flexibel neu verarbeiten lässt. Dafür erhalten die Materialien im Bestand einen Materialpass und werden katalogisiert, währender Gartenschau im Materialspeicher ausgestellt und in den Zukunftsgärten und Wegeflächen verarbeitet. Anschließend erfolgt die Weiterverwendung bei den Baumaßnahmen zum Elbquartier oder anderen nahegelegenen Baustellen.