KRU - Wohnungsbau Am Johannisbrunnen
städtebaulich-freiraumplanerischer Wettbewerb
Krummbach
2025
1. Platz
mit auernhammer wohlrab architektur
Offene Wohn-Cluster
Die fünf nördlichen Bestandsbauten der Wohnsiedlung 'Am Johannisbrunnen' aus den späten 1950er Jahren auf dem Grundstück zeigen heute einen harten Bruch gegenüber den dreiseitig angrenzenden Gewerbebauten auf. Die verschiedenen Maßstäbe und Nutzungen der Wohn- und Gewerbebauten bestehen nebeneinander, bilden aber keine räumliche Einheit. Eine Neuordnung des Grundstücks birgt die Chance, zwischen den unterschiedlichen Nachbarschaften besser zu vermitteln. Aus diesem Grund schlägt unser Entwurf zwei offene Wohn-Cluster vor, die sich mit den Gegebenheiten vor Ort verzahnen. Sie sind in ihrer Ausrichtung an den Bestandsbauten auf dem Grundstück orientiert und lassen sich unabhängig voneinander realisieren. Wenn mit dem nördlichen Wohn-Cluster zunächst nur ein Bauabschnitt realisiert wird, können drei der Bestandsbauten und ihre Infrastruktur vorübergehend erhalten bleiben. Auf dem Planungsgrundstück möchten wir bereits vorhandene Anknüpfungspunkte neugestalten. Dies betrifft die Nähe zur Kammel und zum Kammelradweg im Osten, den Übergang zum Gewerbegebiet im Norden und im Westen sowie den Übergang zur Wohnsiedlung im Süden. Vermittelnde Außenräume puffern die Übergänge, um der heterogenen baulichen Nachbarschaft gerecht zu werden.
Der Freiraum im Entwurfsgebiet bildet ein vielschichtiges Netzwerk aus fünf eigenständigen Teilräumen, die durch ihre spezifische Gestaltung und unterschiedliche öffentliche Zugänglichkeit eine klare Identität entwickeln.

Freiraum
Der Freiraum im Entwurfsgebiet bildet ein vielschichtiges Netzwerk aus fünf eigenständigen Teilräumen, die durch ihre spezifische Gestaltung und unterschiedliche öffentliche Zugänglichkeit eine klare Identität entwickeln. Neben der funktionalen Vernetzung des Quartiers übernimmt der Freiraum essenzielle ökologische und klimatische Aufgaben:
Der Quartiersplatz als durchgrünter Stadtplatz mit hohem Retentionsvermögen sorgt durch Grüninseln mit klimaresilientem Baumbestand (Gleditsia triacanthos, Koelreuteria paniculata und Sophora japonica) und versickerungsfähigen, verdunstungsfähigen Belägen für eine natürliche Wasserführung und eine spürbare Verbesserung des Mikroklimas. Die unter der Platzfläche integrierten Rigolen ermöglichen eine gezielte Regenwasserbewirtschaftung. Gleichzeitig bleibt der Platz flexibel nutzbar und bietet Raum für Feste, Veranstaltungen und nachbarschaftliche Begegnungen.
In Richtung Kammel entfaltet der Spiel- und Sportstrand mit seinen großflächigen, beschatteten Retentionsflächen eine parkähnliche Qualität, die Kühlung und Regenwassermanagement vereint. Als Neupflanzungen sind dort die Baumarten Alnus glutinosa, Salix alba und Quercus palustris vorgesehen. Die weitläufigen Wiesenflächen sind extensiv angelegt und bieten Platz für einen Gemeinschaftsgarten sowie einen großzügigen Spielbereich.
Die Grüne Gasse fungiert als verbindendes, klimatisch wirksames Element, das durch extensive Vegetation und wasserregulierende Systeme wie Baumrigolen, Mulden und Verdunstungsbeete den Temperaturhaushalt des Quartiers ausgleicht.
Die beiden halböffentlichen Hofbereiche sind durch bombierte Grüninseln strukturiert, die eine standortgerechte Pflanzung mittelhoher Gehölze (Amelanchier lamarckii, Prunus mahaleb, Tilia cordata) ermöglichen und somit das dort verortete Kinderspiel beschatten. Das Konzept schafft somit nicht nur vielseitige Aufenthaltsqualitäten für die Quartiersbewohner, sondern leistet einen integrativen Beitrag zur klimaresilienten Stadtgestaltung.
Quartiersplatz und Spiel- / Sport-Strand 'Am Johannisbrunnen'
Die Positionierung der beiden Wohn-Cluster schafft klar zugeordnete Außenräume mit sehr unterschiedlichen Qualitäten: u.a. einen Quartiersplatz, den Spiel- und Sport-Strand 'Am Johannisbrunnen' und begrünte Hofinnenräume, die über Rampen und Treppen mit dem öffentlichen Raum vielfältig verbunden werden. Der Quartiersplatz wird zum Treffpunkt für Anwohnerinnen und Anwohner der Siedlung, auch für die Nachbarschaft südlich des Kammelwegs. Die Gewerbebauten bestimmen den Charakter des Ortes mit, insbesondere die Industrie-Fassade des Textilunternehmens am Ufer der Kammel mit vorgelagertem Wehr, wohin sich der Spiel- und Sport-Strand 'Am Johannisbrunnen' orientiert. Die beiden Wohn-Cluster öffnen sich zur Uferzone mit großen Freitreppen und überdeckten Ufer-Loggien. So wird die Kammel auch in den Innenhöfen der Wohn-Cluster erlebbar, was die Atmosphäre dort wesentlich mitprägt. Die Vielfalt der Freiräume überträgt sich auf die Eigenschaften der Wohnungen in den Clustern und spricht verschiedene Nutzerinnen und Nutzer an.

Das Konzept schafft nicht nur vielseitige Aufenthaltsqualitäten für die Quartiersbewohner, sondern leistet einen integrativen Beitrag zur klimaresilienten Stadtgestaltung.
Wohntypologien
Höhengestaffelte drei- bis fünfgeschossige Wohngebäude befinden sich auf einer Sockelzone, die gegenüber dem Gelände leicht erhöht ist. In der Sockelzone sind natürlich belichtete und belüftete KFZ-Stellplätze und Abstellräume untergebracht. An der tiefsten Stelle des Geländes ist die Zufahrt des Parkdecks angeordnet. Im Westen leiten barrierefreie Rampen vom Quartiersplatz in die Hofinnenräume, wo sich gemeinschaftlich genutzte Orte wie Bewohnertreffpunkte, Kinderwagen- und Fahrrad-Stellplätze sowie Müllräume befinden. Zusätzlich führen an mehreren Stellen Freitreppen auf kurzem und direktem Weg vom Straßenniveau in die Innenhöfe. Von dort aus werden die einzelnen Wohnungen erschlossen. Die Cluster verbinden verschiedene Wohntypologien: Wohnungen mit Laubengang-Erschließungen und Wohnungen mit zentralen Treppenhauskernen. Die Mischung der Typologien gliedert die Außen- und Innenfassaden der Wohn-Cluster und trägt zur Ausgewogenheit von belebteren und ruhigeren Bereichen bei. Dieses Angebot an Begegnungs- und Rückzugsflächen soll ein möglichst harmonisches Zusammenleben in den Wohn-Clustern ermöglichen.
Konstruktion und Materialität
Die Wohn-Cluster sind als hocheffiziente Holz-Beton Hybridbauten konzipiert. Die erdberührte Sockelzone, die Geschossdecken, die Wohnungstrennwände und die Elemente für die Erschließung sind in Stahlbeton vorgesehen. Wo möglich, werden diese zur Verkürzung der Bauzeit als Fertigteile errichtet. Die Außenwände der Wohnungen bestehen aus vorgefertigten Holztafelbau-Elementen. In der Ebene der Außenwände befinden sich schlanke Stahlstützen zum Lastabtrag der Geschoßdecken und der Dächer. Fassadenöffnungen in Form von Verglasungen oder Loggien können auf dieser Grundlage relativ frei angeordnet werden. Die Innenwände aller Wohnungen sind nichttragend als leichte Ständerwände vorgesehen und können bei Bedarf umgebaut werden. Die lasierten Holz-Oberflächen der Außenwände und die Farbigkeit der Markisen und der filigranen Absturzsicherungen bilden einen Kontrast zur Robustheit der Stahlbeton Oberflächen der Erschließungselemente.
Mobilität
Das Mobilitätskonzept unseres Entwurfes sieht vor, den nicht motorisierten Verkehr - Fußgänger, Fahrrad-/Mikromobilität - zu stärken und Abstellanlagen für Fahrräder, Roller und Kinderwagen attraktiv, gut sichtbar und leicht erreichbar im Hofinnenraum und auf dem Quartiersplatz unterzubringen. Auch Lastenfahrräder und Fahrradanhänger erhalten gut nutzbare Abstellflächen in unmittelbarer Nähe zu den Hauseingängen. An all jenen Stellen, die dem nicht motorisiertem Verkehr gewidmet sind, möchten wir niederschwellige Begegnungen begünstigen, so dass die 'Verkehrsflächen' keinen rein funktionalen Charakter haben, sondern wie Aufenthaltsräume wirken. KFZ-Stellplätze, mit Stellplätzen für Car-Sharing und E-Autos, sind größtenteils in einem offenen Parkdeck untergebracht, das die Geländeverläufe an seinen Fassaden aufnimmt. Ein Dutzend KFZ-Stellplätze für Besucherinnen und Besucher werden straßenbegleitend vorgehalten. Der Kammelweg, die Marktgrafenstraße und die Straße 'Am Johannisbrunnen' werden als verkehrsberuhigte Spielstraßen gestaltet.