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AHS - Neugestaltung Alte Holstenstraße

freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb

Hamburg

2025

3. Platz

Der Entwurf zur Neugestaltung der Alten Holstenstraße mit Johann-Adolf-Hasse-Platz versteht den Ort als öffentlichen Raum mit diversen Anforderungen und einem individuellen Nutzungsprofil. Ziel ist es, einen attraktiven Stadtraum mit differenzierten Angeboten, ansprechender Gestaltung und Atmosphäre mit historischem Charakter sowie Bezügen zum Wasser und zur stadträumlichen Nähe zum Schloss zu schaffen. Zugleich wird ein zukunftsweisendes, klimaresilientes Freiraumkonzept verfolgt, das die Schwerpunkte auf Regenwassermanagement und nachhaltige Durchgrünung legt. Verkehrsflächen werden zugunsten einer fußgänger- und fahrradfreundlichen Infrastruktur umgestaltet, um die Mobilitätswende aktiv zu fördern. Es entsteht ein grüner Stadtraum mit kleineren Platzbereichen, der urbane Lebensqualität und ökologische Nachhaltigkeit vereint, sich den Herausforderungen des Klimawandels anpasst, den historischen Charakter herausarbeitet und den denkmalgeschützten Kernbereich aufwertet.

Entwurfskonzept
Die historisch und städtebaulich prägenden Verkehrsverbindungen Alte Holstenstraße – Sachsentor sowie Bergedorfer Schlossstraße – Kupferhof werden in ihrer Lesbarkeit und Hierarchie gestärkt. Die Terrassen am Schlossteich, das Museum Hasse-Haus und die Liegenschaften der Kirche bilden ein parallel dazu verlaufendes grünes Band als Fortführung und Verknüpfung zum angrenzenden Schlosspark.

Die Alte Holstenstraße wird mit einem einheitlichen „Materialteppich“ gestaltet, der durch ein funktionales Band mit Ausstattungselementen begleitet wird. Subtile Materialwechsel lenken Besuchende, zonieren die Fläche und definieren Geschwindigkeiten. Der Straßenraum wird von zwei gegensätzlichen Raumkanten eingefasst: Einzelhandel und Gastronomie im Erdgeschoss bespielen die Gebäudevorzone auf der Westseite. Die Uferseite interpretiert die gärtnerische Gestaltung des frühen 20. Jahrhunderts neu.

Innerhalb des begleitenden grünen Bandes lassen sich differenzierte Angebote für Aufenthalt und Naherholung ohne Konsumzwang finden. Das Sitzpodest auf der Serrahnbrücke eröffnet den Blick über den Schlossteich auf das Bergedorfer Schloss. Am Eiscafé staffelt sich das Gelände über Terrassen zum Wasser herab, wodurch der Schlossteich erlebbar wird. Holzliegen und Sitzstufen laden zum Verweilen ein. Ein Steg mit Bootsverleih ermöglicht Aktivitäten auf dem Wasser. Zwei barrierefreie Wege verbinden die Terrassen mit dem Laufbereich der Holstenstraße.

Die Alte Holstenstraße führt durch das denkmalgeschützte Ensemble der St. Petri und Pauli Kirche, des Hasse-Hauses und der Kornmühle in die Verlängerung des Sachsentors. Durch die Auflösung von Einfriedungen auf den Liegenschaften der Kirche und des Hasse-Museums öffnen sich die Gebäude stärker nach Außen und auf den Johann-Adolf-Hasse-Platz. Die markanten Bestandslinden rahmen den mit einem subtilen Pflastermuster akzentuierten Kirchenvorplatz und verbinden zugleich die unterschiedlichen Gebäude miteinander. Frei verteilte Sitzpodeste und gastronomische Angebote im Schatten der Bäume sowie zwischen Gräser- und Staudenpflanzungen mit hohem Blühanteil werden vom zurückhaltenden Plätschern des Fontänenfelds begleitet. Der wertvolle Vegetationsbestand um die Kirche bleibt erhalten und wird behutsam pflegerisch aufgewertet und ergänzt.

Das Hasse-Museum öffnet sich über eine Terrasse mit Veranstaltungsflächen zum Schlossteich hin. Der Zugang zum Gebäude ist sowohl vom Platz als auch über den Steg am Wasser möglich. Die räumliche und visuelle Verbindung zum Schlosspark wird durch einen fortgeführten Weg gestärkt. Das in diesem Bereich ökologisch gestaltete Ufer wird als Bestandteil des Fischerhofs mit Kinderspielmöglichkeiten genutzt. Der Bereich ist zurückhaltend und naturnah gestaltet sowie thematisch an das Fischen angelehnt. Eine Doppelnutzung als öffentlicher Spielplatz und für die angrenzende Kita ist vorgesehen.

Der Entwurf verbindet historische Elemente mit zeitgemäßen, klimaresilienten Konzepten und schafft so einen zukunftsfähigen Stadtraum, der Identität und Lebensqualität vereint. Durch die gelungene Kombination aus ästhetischer Gestaltung, nachhaltiger Materialwahl und innovativen Freiraumlösungen wird ein Ort geschaffen, der Begegnung, Erholung und Mobilität gleichermaßen fördert.

Material
Der Entwurf setzt auf kostenbewusste, langlebige und hochwertige Materialien für Ausstattung und Pflaster. Der durchgehende Belag aus rezykliertem, gesägtem Großsteinpflaster aus Granit bildet die homogene Grundlage für besondere Gestaltungselemente wie Aufenthaltsbereiche. Ein durchlaufendes Band aus großformatig gesägten Granitplatten wird in regelmäßigen Abständen von Fahrradbügeln, Leuchten und Sitzbänken rhythmisiert. Nicht ortsgebundene Hochbeete können durch Patenschaften des Einzelhandels oder im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements individuell bepflanzt werden.

Aufenthaltsbereiche erhalten Intarsien aus changierendem Granit- und Basaltkleinstein aus dem Bestand, der ebenfalls gesägt und barrierefrei überarbeitet wurde.

Der Ausstattungskanon umfasst dauerhafte, robuste und leicht reparierbare Elemente und setzt auf Materialien wie pulverbeschichteten anthrazitfarbenen Stahl, heimisches Holz mit Acetylbearbeitung und leicht zugängliche Schraubverbindungen. Bänke und Sitzmöbel sind inklusiv gestaltet, variieren in der Sitzhöhe und verfügen über Rücken- und Armlehnen. Das wiederverwendete Natursteinpflaster erinnert an die Geschichte und frühere Gestaltung des Ortes. Die Lichtstelen sind schlicht gehalten und respektieren die historischen Fassaden. Eine gleichmäßige, intelligent gesteuerte Ausleuchtung gewährleistet eine verkehrssichere Nutzung.

Regenwassermanagement und Ökologie
Das Regenwassermanagement findet auf den verschiedenen Oberflächen unterschiedlich Anwendung. Dadurch entstehen Redundanzen und Schutz bei Starkregenereignissen. Auch versiegelte Flächen können durch innovative Lösungen zur Kühlung eingesetzt werden, und wertvolle Materialien wie Pflastersteine oder Bodenbeläge werden überarbeitet, wiederverwendet und in das neue Konzept integriert. Flächen aus Kleinstein sind mit einer versickerungsfähigen Fuge ausgeführt, welche durch Speicherung verdunstend kühlend wirkt. Überschüssiges Wasser der befestigten Flächen wird über eine barrierefreie, leicht zu reinigende Rinne in Zisternen, Rigolen und Baumrigolen geleitet und gespeichert oder durch schwache Gefälle in Grünflächen zur örtlichen Versickerung abgeleitet. Die Füllkörper der Zisternen und Rigolen befinden sich an zwei Stellen unter dem Straßenraum, mit ausreichend Abstand von der Leitungsführung.

Fast alle Bestandsbäume werden erhalten, und die Standortbedingungen durch großzügige Oberflächenentsiegelung und vegetative Baumscheiben erheblich verbessert. Ortsspezifische, klimaresiliente Baumneupflanzungen wie Tilia tomentosa ‘Brabant’ und Crataegus × prunifolia ergänzen den Altbestand, spenden Schatten und stärken die Ökobilanz und das Mikroklima durch zusätzliche Verdunstung. Dadurch wird die ökologische Funktion und Aufenthaltsqualität des Stadtraums gestärkt. Trockenresistente und pflegearme Stauden- und Gräserpflanzungen bieten neben ästhetischen Aspekten auch Nahrung und Lebensraum für Vögel und Insekten.

Es entsteht ein grüner Stadtraum mit kleineren Platzbereichen, der urbane Lebensqualität und ökologische Nachhaltigkeit vereint, sich den Herausforderungen des Klimawandels anpasst, den historischen Charakter herausarbeitet und den denkmalgeschützten Kernbereich aufwertet.

Verkehr und Infrastruktur
Auf der Alten Holstenstraße hat der Fußverkehr Vorrang, das Radfahren ist untergeordnet. Auf eine klare Trennung unterschiedlicher Verkehrsteilnehmer wird bewusst verzichtet, um die Bewegungsgeschwindigkeit zu reduzieren und den gegenseitigen Respekt zu erhöhen. Der klar gestaltete Straßenraum schafft ein hohes Maß an Orientierung, welches durch ein taktiles Leitsystem für alle Menschen komplettiert wird.

Die Bergedorfer Schlossstraße und Vierlandenstraße werden als Einbahnstraße von Nord nach Süd geführt und lediglich mit einem leicht abgesetzten Bord markiert. Eine geänderte Pflasterung weist auf den Vorrang von querenden Fußgängern aus der Alten Holstenstraße hin. Fahrräder werden aus der Alten Holstenstraße auf die Bergedorfer Schlossstraße geleitet. Ein ganzheitliches Parkverbot auf der Fahrbahn ermöglicht durch eine ausreichend breite Spur einen Zweirichtungsverkehr für Fahrradfahrende.

Die Alte Holstenstraße ist für Anlieferungsverkehr und Blaulichtfahrten ausgelegt. Eine problemlose Anleiterung im Rettungsfall ist durch die offene Gestaltung gegeben. Der Bereich vor der Kirche kann von Brautfahrzeugen und Bestattungswägen im Bedarfsfall befahren werden.

Entlang der Holstenstraße und des Kirchplatzes versorgen versenkbare Versorgungspoller mit Strom- und Wasseranschluss Feste und Märkte. Der Vorplatz der St. Petri und Pauli Kirche bietet zudem ausreichend Platz für Veranstaltungen unterschiedlicher Größe. Das flächenbündige Wasserspiel kann abgestellt werden. Die terrassierte Stufenanlage am Schlossteich bietet sich ideal als Zuschauertribüne für Veranstaltungen auf einer temporär installierten, schwimmenden Seebühne an. Auf dem Platz befindet sich ein zentraler öffentlicher Trinkwasserbrunnen.

Der Entwurf verbindet historische Elemente mit zeitgemäßen, klimaresilienten Konzepten und schafft so einen zukunftsfähigen Stadtraum, der Identität und Lebensqualität vereint. Durch die gelungene Kombination aus ästhetischer Gestaltung, nachhaltiger Materialwahl und innovativen Freiraumlösungen wird ein Ort geschaffen, der Begegnung, Erholung und Mobilität gleichermaßen fördert. Die Neugestaltung der Alten Holstenstraße und des Johann-Adolf-Hasse-Platzes wird nicht nur den heutigen Anforderungen gerecht, sondern bietet eine inspirierende Vision für die Stadt von morgen.

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