BMK - BILDUNGS- UND BESUCHERZENTRUM
BAD MUSKAU
Wettbewerb Projekt, Bad Muskau, 2021
Zuschlag / Beauftragung in Zusammenarbeit mit hutterreimann
Architektur Knoppek Grahl Architekten
Am Anfang des Entwurfes steht ein dezenter und dabei äußerst wirkungsvoller Eingriff: das Abrücken des Neubaus vom Bestandsgebäude. Es entsteht ein symbiotisches Gegenüber zweier Körper, aus deren Spannungsfeld ein neuer Ort entspringt.
Das denkmalgeschützte Kavalierhaus und der langgestreckte elegante Neubau spannen einen intimen Freiraum auf - einen Hof, der neue atmosphärische und funktionale Möglichkeiten bietet. Dabei liegt der Neubau ruhig im Hintergrund des Kavalierhauses und erzeugt durch den baulichen Versatz und die klare Eingangsgeste eine subtile Anziehungskraft. Neugierde ergreift die BesucherInnen und zieht sie in den Innenhof.
Der abgerückte Neubau stärkt die Präsenz und Bedeutung des Kavalierhauses und folgt der hierarchischen Kleiderordnung. Zum selben Zwecke liegt der Haupteingang auf der Hofseite des Bestandsgebäudes. Zum Muskauer Park hin treten die Gebäudeteile als ruhiges geschlossenes Ensemble in Erscheinung.
Nur zum Hof öffnet sich der Neubau und zeigt sein grünes Innere. Der Blick wandert durch die räumlichen Sequenzen, die Erwartung steigt. In der Spiegelung der Glasfassade nimmt man die ein- und austretenden BesucherInnen wahr, dreht sich zum Kavalierhaus und betritt die Ausstellung.
Freianlagen
Die Freianlagen gliedern sich in vier Freiräume (Vorplatz, Hof, Tertiärhain, Klima-Arboretum), die sich als Teil der Ausstellung begreifen. Im Sinne Fürst Pücklers bilden sie im Zusammenspiel mit den Architekturelementen ein harmonisches Ganzes. Untereinander sind sie im Laufe des Ausstellungsrundganges über subtile und direkte visuelle Hinweise miteinander verbunden.
Vorplatz
Den Auftakt bildet der Vorplatz zum Kavalierhaus. Die bestehende Vegetation bleibt unangetastet. Durch behutsame Anpassungen in der Wegeführung versteht sich der Vorplatz weiterhin als Teil des Parks und wird erst in der Flucht des Besucherzentrums visuell und materiell durch den Übergang zum Hof gebrochen. Eine hohe Mauer aus Ziegeln führt die BesucherInnen entlang einer flachen Rampe in den Hof.
Hof
Der Hof ist unaufgeregt gestaltet mit wenigen präzisen Setzungen. Ein hochwertiger Bodenbelag aus Naturstein nimmt die Spannung zwischen Kavalierhaus und der großzügigen Glasfront des Neubaus auf. Die Glasfront lässt einen ersten Blick auf die Baumwipfel des Tertiärhains zu und stellt bereits Raumbezüge zum späteren Verlauf der Ausstellung her. Der Hof bietet ausreichend Platz als Treffpunkt für BesucherInnen, zur Einführung von Schulgruppen, für unterschiedlichste Veranstaltungsformate und für die Außengastronomie des Cafés.
Tertiärhain
Der Tertiärhain bildet die Vegetationsschichten des Tertiärs ab und lässt die BesucherInnen die zeitliche Vegetationsstaffelung und Umwandlungsprozesse im direkten Kontakt nachempfinden. Die als Makro- Bonsai ausgeprägten Baumsorten (Chinazypresse, Ginko und Sicheltanne) können durch einen ebenerdigen Pfad im Hain erkundet werden. Der Boden des Tertiärhains wird mit unterschiedlichen Elementen wie Baumstämmen, Findlingen, Felsbrocken und einer Wasserfläche bespielt und erzeugt in Kombination mit dem Pfad einen erfahrbaren Landschaftsausschnitt.
Durch leichte topographische Nivellierungen werden der nördliche und südliche Teil optisch voneinander separiert; die BesucherInnen können den Hain dadurch in unterschiedlichen Sequenzen wahrnehmen. Zwei Trampelpfade mit kleinen Trittplatten führen tiefer in das Unterholz. Auf der Westseite entwickelt sich ein Gräser- und Farnband mit schattigen Arten, das im Klima-Arboretum weitergeführt wird. Der Waldboden wird mit Sträuchern in lockeren Gruppen bepflanzt.
Der Tertiärhain ist als Architektur-Landschafts-Hybrid zu verstehen, als Überlappungsraum mit diversen visuellen Verbindungsmomenten zum Kavalierhaus, zur Ausstellung und zum Klima-Arboretum.
Klima-Arboretum
Im weiteren Verlauf der Ausstellung gelangen die BesucherInnen in das Klima-Arboretum. Eine vom Gebäude abfallende, flache Rampe öffnet den durch eine Mauer abgegrenzten Gartenraum und mündet an einer Wasserfläche, aus dem ausgewachsene Tertiärbäume herausragen. Dieser geschlossene Garten gliedert sich durch eine zurückhaltend formale Gestaltung in die Raumabfolge der Freiflächen ein. Einzelne frei verteilte Stationen des „Pest and Disease“-Pfades laden zum Erkunden ein. Hier können BesucherInnen sowohl digital z.B. über Smartphones als auch analog über haptische Applikationen auf den Info-Stelen mehr über Pflanzenkrankheiten, deren Entwicklung und Ausbreitung erfahren. Mäandrierende Rabatten unter den Gehölzen bilden dabei den Hintergrund für das Arboretum.
Auf Grund des Schutzstatus des Landschaftsparks grenzen sich die neu geplanten Außenräume des Besucherzentrums von der Umgebung ab und bauen lediglich im Eingangsbereich subtile Verbindungen auf, die zum zentralen Hof leiten.
Das historische Kavalierhaus aus der Planung von Fürst Pückler bildet den Ausgangspunkt für das neu entstehende Bildungs- und Besucherzentrum.
Im Norden des Anbaus entsteht ein versunkener Garten, der die Themen der Ausstellung aufgreift und Besuchende über die Pflanzen des Tertiärs informiert.
Der Neubau des Bildungs- und Besucherzentrums liegt im Schlosspark der UNESO-Weltkulturerbestätte Muskauer Park.